Aber hey!
von ringlundmatz
Tatsächlich hatte ich einen Text geschrieben, der auf die Überschrift „Unsere geistige Situation?“ die knappe Antwort fand: „Stillstand“. In dem Stil ging es dann weiter, die Herrschaft der Computer, alles ausgeblutet ins Digitale, das Digital als Jammertal usw.
Das stimmt ja alles auch.
Trotzdem, denke ich gerade, sollte man zuversichtlich sein. Zuversicht verbreiten. Vielleicht ist Zuversicht am Ende ja nichts anderes als die wilde Entschlossenheit, zuversichtlich zu sein? Rein evolutionstechnisch gab es für unsere Spezies, die sich mit feiner Ironie selbst als „sapiens“ charakterisiert, nie mehr Gründe zur Zuversicht als heute. Natürlich fällt uns die Klimakatastrophe auf den Kopf wie den Galliern der Himmel. Nur: Wir haben diese Katastrophe selber gemacht! Wir sind Produzenten unseres Untergangs! Bedeutet das im Umkehrschluss nicht, dass wir auch Produzenten unserer Himmelfahrt werden könnten? Oder nein, Moment, „Himmelfahrt“: Das klingt schon wieder so düster … Produzenten unserer Rettung? Vielleicht sogar derselben Rettung, von der Adorno orakelte? Erlösung? Der Einmarsch ins Paradies zu Lebzeiten? Ist das nicht der alte Menschheitstraum?
Es ist schwer, nicht in Depression zu versinken, zugegeben.
Es sei denn, man stellt den Rechner ab.
Wir sind aber auch in wirklich unheilvollen Schleifen gefangen; das alles ist, muss man sagen, einfach sensationell blöd. Alles, was uns das Leben noch erträglich macht, während die Welt abschmiert, sorgt dafür, dass sie garantiert abschmiert – und zwar umso schneller, je verzweifelter wir um unser Leben konsumieren und urlauben. Und alles, was wir für Input, Kommunikation und Inspiration halten, verlagern wir ins Digitale, wo es zu Brei degeneriert, womit wir wiederum unser Hirn füttern, was wiederum zunehmend bloß noch Brei produziert, der wiederum im Digitalen landet und dort Input, Kommunikation und Inspiration bedeuten soll usw. Was tun?
Ein Trost könnte ja sein … Okay, der Yoda in mir rät dringend dazu, das Internet abzuschaffen. Nun kann man leider keine Wiese daraus machen, noch nicht einmal Pflugscharen. Aber die Auslagerung der Kreativität in Programme, überhaupt der Produktivität in den digitalen Nebel, der die Welt umwabert, ist sicher eines der Hauptübel. Zum einen setzt uns das unter Dauerdruck, zum anderen setzt es uns das Gefühl in den Kopf, Wunder was kreativ und produktiv zu sein, während wir in Wahrheit von Software genarrt werden, die für uns dichtet und denkt. Ist das nicht wie Kokain? Wir berauschen uns an der Vorstellung, die absolute Überflieger-Spezies zu sein, sind in Wahrheit aber nur die Vielflieger-Spezies.
So ungefähr sollte mein ungeschriebener Roman starten, mit einem russichen Hacker, der eine Software entwickelt, um das Internet auszuknipsen.
Leider ist weder Roman, noch Inhalt Realität geworden.
Was soll man tun? Hölderlins Patmos lesen?