Rede vor den Mitversterbenden
by phorkyas
Mein Sohn will einfach keine Bücher lesen, nur Comics. Gut dann schaffe ich die eben heran und lenke ihn in Richtung Graphik Novels. McClouds „Understanding Comics“ räumte die letzten Zweifel aus, dass es sich bei Comics um eine Kunstgattung handeln kann. Das Buch landet wohl in dieser ganzen Digitalität langsam auf dem Abstellgleis der Kulturgeschichte. Dennoch: Ich hoffe noch auf ein ästhetisches Erweckungserlebnis für ihn. Und die kann ich mir nicht so recht von Donald Duck oder Asterix & Obelix auf der Switch vorstellen. Er scheint es auch gar nicht zu wollen, das ist wohl die Differenz. Dabei: Was wäre es, diese ästhetische Erfahrung, die einen im Kern verwandelt und zu einem anderen werden lässt, als man vorher war? Waren es diese alten Schinken von Dostojevskij und Kierkegaard, wirklich? Oder das tastende Schreiben eigener Verse?
Irgendwo da muss sich das Ich doch geregt haben – in der schmerzhaften Erfahrung, dass es da einen inneren, unkommunierzierbaren Kern gibt, ein so tiefes, poetisch-fragiles Gespinst, das ich nie in ein gutes Bild würde bannen können, das aber doch mich selbst ausmacht. – Und gleichzeitig, fühlte ich mich verbunden mit diesen anderen Geistern, die ähnliche Dinge, zu ihrem Kern, in ihrer Zeit, doch irgendwie haben äußern können. Oder ich konnte mich selbst in ihre Figuren projizieren. So fehlerhaft und pathetisch diese Übertragung auch immer wieder ist; sie ist das Gelingen der Kunst. Eine schwankende-wankende Täuschung, die leicht ins Lächerliche fällt, aber traumwandlerich müssen wir uns halten, noch ein paar Schritte tun.