Lafcadios Loch

Im Zweifel für den Angezagten

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Mein unsichtbares ich

by phorkyas

Das Ich ist eine Illusion

ein Taschenspielertrick, der davon ablenkt,

dass es sich selbst aus dem Zylinder zog

Gründlich verwischt die Spuren der Stiefellasche,

an der es sich aus dem Sumpf befreite.

Vielleicht ob seiner Unsicherheit

will es sich wissen machen, es

durchdringe die ganze Welt

blicke zum Urgrund des Seins

durchschaue jedes Wesen, jeden Mensch

dabei kann es nicht einmal Auskunft

geben von sich selbst

sanftmütig und beacheiden sei mein ich,

leisetretend in das Getöse der Welt

es schmiege sich an den Beton wie das Efeu

es sei eine in den Wind geschriebene Geste

ein Hauch

ein Wort

ein Zeichen

für jeden offenkundig

nicht nur die Tempelwärter

und zertifizierten Wortmagier

verstünden

wie es schweigt

Artunterschiede

by phorkyas

Menschen bestellen sich fremde Darmflora im Internet,

mein Hund frisst einfach Pferdekot.

Auftritt

by phorkyas

Er sah mich in der S-Bahn direkt an.

Mit einer theatralischen Geste in die Runde:

„Findste das gut, dass die alle an diesen Dingern hängen?

Kein Menach mehr schaut den anderen an. Kein Augenkontakt, keine Verbindung.“

Sprach’s während der neben ihm irgend’nen Stream glotzte. Er fixierte mich.

„Das ist also der Fortschitt und die Technik. Nur noch Hass und Gewalt. Schöne neue Welt.“

Und er zerknüllt seine Fahrkarte bevor er aussteigt. Micdrop. Sein Auftritt in der Theaterstadt.

In der Tür dreht er sich noch einmal um: „Denk mal drüber nach.“

Und ich zücke schnell mein Smartphone, um dies hier zu notieren,

aber’s verliert das WLAN.

by phorkyas

Kunst ist, was unwidersprochen als solche firmiert. (vgl. Staatsgrenzen und internationales Recht)

by phorkyas

Wenn man so in die positiven, zwangs-enthusiasmierten Gesichter einer Get-Together-Party eines Linked-In-Posts schaut, überfällt einen schon das Gruseln wie der Kapitalismus diese Gehirnwäsche ganz ohne vorgehaltene Waffe vollführt.

Der erschreckende Abstieg der Blogs

by ringlundmatz

Vielleicht wird den Blogs natürlich auch das zum Verhängnis, was in ihnen immer schon angelegt war: dieses Element von Hochstapelei. Sie waren ja nie, auch die prominenten, auch die mit Nachdruck promoteten nicht, ernsthafte Teile des Kulturbetriebs.

Sie taten so, ja, sie hatten, neben Autoren, die locker mit Friedrich Sieburg hätten mithalten können, auch Kommentatoren, die Fritz J. Raddatz volkstümlich wirken ließen. Immer ganz von oben, immer im ganz big picture unterwegs.

Da wurden die Großen dann unbekümmert nachgeahmt, und niemand sprach die offenkundige Wahrheit aus: dass das alles Karneval war. Es ging um nichts. Es war letztlich nicht ernst, es war Hobby. Hinter der Adorno-Maske steckte irgendein kleiner Plüsch-Teddy.

Und weil diese Blogs nichts riskierten, vermisst sie auch keiner.

Weiter im Schweigen

by ringlundmatz

An allen Ecken und Enden ist Feierabend. Blog, blog, blog, so klingt es durch die abendlichen Gassen. Das sind die Läden, die geschlossen werden. Meist für immer. Die Besitzer schleichen nach draußen und sperren ab. Auf dem Heimweg heben sie die Blicke nicht mehr, kaum dass sie die Füße heben. Höchstens ein kurzer Abstecher in eine Bar, einen Rotwein hinunterstürzen oder einen Espresso, falls man noch was vorhat. Aber wer hat schon noch was vor? Gelächter, Plausch, Scherze? Fehlanzeige. Gibt’s ebenso wenig wie Bewegung in den Statistiken. Die Leute haben das Lesen aufgegeben, jetzt sogar im Internet. Im Café schon längst. Als du zurück auf die Gasse trittst, hinein in den Heimweg, und dezent den Schlüssel fallen lässt, um dir den Rückweg für alle Zeiten zu verbauen, verpasst die Sonne dir einen Schatten, dessen Transparenz dir wohl zu denken gäbe, wärst du für solche Phänomene wie Gedanken noch empfänglich.

Spiel dich am Arsch

by phorkyas

Anzeige der Polizei auf einer Litfasssäule: Pixeliger an Minecraft angelehnter Polizist darüber: Next Level!

Sieht so Gamefication aus? Die erstrebenswerte Idealvorstellung?

Mein Leben als freemium-Browsergame mit microtransactions und lootboxes für den Dopamin-Kick? Dann genügend XP und skins für den Next Level an Gehalt?

Vielleicht sollten wir Spielekonsolen kriminalisieren, dass sie nur noch wie harte Drogen, irgendwo im verborgenen gehandelt werden dürfen.

Lebenslüge

by phorkyas

Ein Gespräch geht mir nicht aus dem Sinn, weil es meine ganze Lebenslüge offenbarte. Keine Chance mehr sie zu leugnen.

Er war der engste Kumpel in der Abizeit. Jener wirren, aufregenden Zeit, als wir den ganzen Drang unseres Daseins in pathetische Verse gossen, und wir noch an Kraft und Ehrlichkeit der Kunst glaubten. Jetzt saßen wir da 20 Jahre später und führten den impliziten Wettkampf, wer denn sein Leben gründlicher verkackt hätte.

Es erfüllt mich nicht mit Stolz erfüllen, dass ich in diesem „Wettstreit“ den Sieg davon trug. Aber was überdeutlich wurde: ich darf nicht so weiter machen. Irgendwelche Computercodezeilen umherzuschubsen, war nicht mein Lebensziel.

Nur was wäre das Ziel? In einem Roman, den niemand liest, unser Digitalzeitalter dekonstruieren? Das müsste man schon als Insta-Story an die Leute bringen. Was also schon an seiner eigenen Form implodiert.

Menschen-Minen

by phorkyas

In einem Podcast stieß ich auf diesen Satz:

So if you really want to cash on the human, you gonna have to make sure the human is in his element and is in the right place.
(https://www.youtube.com/watch?v=MiGJ9z1pFbM)

Etwas Kontext, denn es geht mir um eine Dialektik, die vielleicht auch schon in einem Begriff wie „Human Resources“ aufscheint. Ja, irgendwie wäre es schon schön, wenn der Ort, an dem wir den Großteil unserer Wachphase verbringen, humaner wird. Keine knechtende Sklaven-Hierarchie-Pyramide, kein Ort seelenzerfressenden Stress‘. Aber sind die Orte wie Google nicht irgendwie auf umgekehrte Weise creepy: dass die Arbeit so eine Wohlfühl-Oase darstellen soll, dass der Arbeitnehmer, den Absprung in sein Privatleben gar nicht mehr schafft?

Etwas Ähnliches verspüre ich auch hier: Ja, irgendwie wünscht man sich schon, dass sein Chef so ein neuer „facilitierender“, agiler Chef sei, der einem die Freiräume gibt, sich zu entfalten,… aber schimmert da gerade auch an dieser Stelle nicht auch eine Kehrseite hindurch: wenn da das Weiterwachsen schon fast zum Zwang wird, dass wer dieses Mindset nicht mitbringt und für sein Ding brennt, einfach aussortiert gehört?

In den TED-Talks und sozialen Medien wird diese neue Menschenrasse nun herangezüchtet: die völlig enthusiasmiert den grandiosen Erfolg ihrer Selbstausbeutung feiern: Seht her, ich habe es geschafft! Seid inspiriert! Gehört zum sich-weiterentwickelnden, beweglichen Teil der Menschheit! Werdet Cyborgs, transhumane Uploads oder was-auch-immer!

Woraus nur speist sich mein Unbehagen, dass meine Seele nicht aus einer solchen Menschen-Mine geschürft oder einer solchen Graphikkarte ausgerechnet werden soll?