Schieß doch, Phorkyas!
von phorkyas
(Blogo, Ostfriese als Moderator, Daniel Dennett und Phorkyas geben sich die Ehre)
Moderator: Wir sind froh heute hier in unseren bescheiden Katakomben einen der größten heutigen Denker begrüßen zu können. Über die Debatten und Schlachten, die er schlug werden wir heute hoffentlich noch viel erfahren. Begrüßen Sie, Daniel C. Dennett!
Dennett (nickt nur)
M: Im Rahmen des naturalistischen Weltbildes, das sie propagieren, behaupten Sie, dass insbesondere auch das menschlische Bewusstsein vollständig naturwisschenschaftlich, aus der dritten Person-Perspektive, erklärbar sei.
D: Das ist richtig.
M: Andere bezweifeln das ja.
(Automobile Leichtbauwerbeunterbrechung.)
(Phorkyas und Blogo treten an den Vorderrand der Bühne. Zwiegespräch.)
P: So gibt das doch nix. Wie sollen wir den den in die Zange nehmen. Das ist ein rhetorisches Schwergewicht. Ein Meister Yoda der Verbalscharmützel.
B: Ruhig, Brauner! Werden doch nicht schon jetzt die Pferde mit dir durchgehen, hast doch schon genug polemisiert.
P: Ja, klar. Der aber doch auch. – Lässt der sich selbst doch in einem fiktiven Dialog auf die These „You can’t deduce what a color looks like if you’ve never seen one“ entgegnen: „That’s an interesting folk theorem, I must say. Here’s another: If you burp, sneeze, and fart all at the same time, you die. Sounds sort of plausible to me.“
B: Na, ich mag’s. Wenn du dich jahrzehntelang mit solchen Argumenten abgeben müsstest, würdest du doch auch irgendwann so reagieren.
P: Aber mir erscheint das so fruchtlos. Wenn man so rumpolemisiert, dann riecht das doch danach, dass hier nur Ideologien aufeinandertreffen. Dann sieht man vor lauter Gefechtsfeuer, die zugrundeliegenden Prinzipien und Probleme gar nicht mehr.
B: Die sich seit Laplace’s Dämon, Du Bois-Reymond nicht geändert haben?
P (sinkt frustriert zusammen)
Ach, was weiß ich. Er ist schuld, dass ich schweigen muss.
B: „Daniel Dennett is the devil“?
P: Aber ja.
(Phorkyas reißt Blogo die doppelläufige Winchester aus der Hand und richtet sie auf Dennett.)
P: So ich baller dir jetzt ein paar von deinen Nanorobotern aus deinem Körper. Sollte doch kein Problem für dein Zentrum narrativer Gravitation (Center of Narrative Gravity) sein, das findet doch genügend andere Nanoroboter, die es für seine Zwecke versklaven kann. Viel Spaß!
(Er zieht den Abzugshahn zurück. Dennett verzieht weiter keine Miene, blinzelte nicht einmal, sondern blickt interessiert in die Richtung seiner offenbar geistig verwirrten Gastgeber)
B: Nun lass ma den Quatsch (während er die Waffe zu Boden drückt)
P (nur umso mehr erhitzt): Aber du weißt doch was ich meine. Wie soll denn Dichtung im Naturalismus noch möglich sein, der wissenschaftlichen Totalerfassung.
(Blogo drängt ihn zurück, hält den revoltierenden Phorkyas im Zaum)
B: Es gibt doch aber noch Mittel.
P: Ihn mit den eigenen Mitteln schlagen? Das entleerte Ich ernst nehmen? So wie die Hohlkörper? Wo hab ich denn das Zitat?
„Eigentlich sind die ‚Hohlkörper‘ kein Roman, und ich bin kein Romancier. So kann man das Buch sicher sehen, wie Annette es tut. Sie wehrt sich, weil sie gern liest, weil sie gern lebt, weil sie bitte eine ästhetische Überwindung des Ungeheuerlichen erwartet. Und daran tut sie ja auch ganz recht. [..] Wenn man das abscheulich findet, kann ich eigentlich nicht widersprechen, nicht wahr? [..] Es sind halt Muppetfiguren, wie wir alle.“
B: Oder das gemeinsame Summen unserer Nanoroboter.
P (fängt sich langsam wieder, lächelt schon wieder): Wie diese Bakterienkultur auf die du kürzlich reduziert wurdest? (Na, wenn sie sich ein wenig ausgebreitet hat kann sie ja vielleicht so etwas.)
B: Hör‘ auf zu träumen. Hier bei Dennetts „Sweet Dreams“ waren wir.
P: Ach ja, der. Was machen wir jetzt mit dem?
B: Ist noch Bier da?
PS/Edit: Die „Schieß doch, Sloterdijkt“-Pullover gibt’s zum Glück wohl immer noch.
Hohlkörper ist gut… Wenn noch Bier da ist, könnte man den Hohlraum ja füllen. Dieser Vorgang immerhin lässt sich dann einigermaßen naturalistisch erklären. 😉
P: Aber ja natürliich.
(Es entwickelte sich ein Gastmahl, Gelage platonischen Ausmaßes)
Blogo (zu Dennett, der seinen Mageninhalt gerade in einer Ecke entleert hatte): Hui, euch Athteisten fehlt wohl noch das jahrhunderrtelange Training.
D: Stift! Pap..rr!
(Phorkyas fegte einige Pullen vom Tiisch, um Platz zu schaffen. )
D (sich mühsam in Postur bringend): Ummmmppfff…
Und dort in dieser schummrigen Ecke schrieb dieses Genie DEN PLAN auf einem Bierdeckel. Wenn er recht behalten würde, so wäre es möglich eine Bakterienkultur zu erzeugen die Bewusstsein entwickelt und mit dieser das Internet zu infizieren.
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Aber das wollte ich eigentlich noch gar nicht verraten
Hm, könnte sein, dass der geniale Bierdeckel bei reichlich gedimmtem Bewusstsein der Anwesenden versehentlich entsorgt wurde. Und nüchtern brachte D es dann nicht mehr zustande, was ihn kaum ärgerte, denn ER hatte ja DEN PLAN.
Immerhin blieb dann das Internet verschont… und die Suche nach dem Gral (auch so ein blöder Hohlkörper) konnte weiter gehen.
Der wurde leider nicht entsorgt. Den Blogozentriker gibt es ja!
(Das kleine Paradoxon, dass Blogo seiner eigenen Zeugung beiwohnte, wird sich durch Zeitreisen noch lösen lassen) —
Aber der Plot sollte nicht zu sehr von der Gehirnforscherdiskussion ablenken, die ich gern weiterführen würde.. (komme hoffentlich noch darauf zurück.. oder eben bei kwakuananse)
[…] einfach: Wenn es Leute gibt, die für einen die Texte schreiben. Zu diesem Traumziel scheint der Blogozentriker (von dem bis heute keiner weiß, ob man von ihm im […]
Ich habe vor ein paar Jahren von Dennett einen Vortrag gehört, da hat er sogar für Freiheit argumentiert — das scheint mir nicht zu der von Dir vertretenen Sichtweise zu passen, auch wenn es kein notwendiger Widerspruch ist.
Ja, den freien Willen negiert Dennett nicht. Ich hoffe, ich habe nichts geschrieben, dass es so aussehen ließe, als behaupte er das. Wohl aber behauptet er eben, dass sich alle Phänomene unseres Bewusstseins durch biochemische Prozesse erklären ließen (welcher Naturwissenschaft würde das verneinen), allerdings kommen seine Ankündigungen doch oft ziemlich kühn daher:
Ich muss gerade ziemlich über das „ineffizient“ lachen, wenn ich gerade an das „green computing“ denke und welche Effizienz Computer und die darauf laufende Software so haben. Das 1%, welches IBM vom menschlichen Gehirn simuliert haben will (irgendwann auf SPON), das lief bestimmt auf einem Riesencluster, während unser Hirn mit ein paar Watt auskommt. Wahrscheinlich, ist das ineffizient aber auch nicht so gemeint, sondern die Implementierungsweise ist leider wahrscheinlich etwas undurchsichtig und auch dann muss ich vielleicht wieder lachen.. denn vielleicht liegt es ja nicht am Gehirn, sondern an den Werkzeugen, die zu primitiv sind! Ehrlich: gerade erst lernen wir einigermaßen parallel zu programmieren, haben aber vielleicht noch nicht einmal eine richtige Programmiersprache, in der das sehr gut ginge, haben große Probleme Programme massiv zu parallelisieren und dann maßen wir uns an, so über das Hirn herzuziehen?
Nun ja – das ist vielleicht kennzeichnend für Dennetts provokanten Stil, seine Masche: ziemliche „bold claims“, bei denen er dann aussieht wie ein knallharter Reduktionist (er selbst hat als „greedy reductionism“ eine Form bezeichnet, die zu viel will) und mit denen er dann seine Gegner lockt – uns Autoanthropologen-/phänomologen das Zombie-Gefühl herauskitzelt: dieses Gefühl, dass das Computermodell, die naturwissenschaftliche Erklärung doch irgendwas auslassen müsse, dieses Schlupfloch versuchen wir zu finden, dieses Etwas, dass es ausmacht uns selbst zu sein, dieses Mehr unserer Innenperspektive, und so bringen wir unsere rhetorischen Geschütze in Anschlag…
Und dabei – vielleicht sollte ich doch mal die Fortsetzung des Gesprächs mit Herrn Dennett schreiben.
Nein, hast Du nicht. Es ist auch kein zwingender Widerspruch, ich habe aber den Eindruck, dass die Mehrheit, die diese Position vertritt auch dazu neigt Willensfreiheit zu negieren.
Eine bekannte Ausnahme.
Fortsetzung: Bitte, ja.