Gegen das System
von phorkyas
für die radikalste
– Sehr aufschlussreich, möchte ich meinen dieser Anti-Communarden-Artikel im Feuilleton der Süddeutschen.
– Was ist denn das überhaupt, eine Communarde?
– Na, das kann man dem Artikel nach auch nicht so recht definieren. Wohl so eine Art Solidargemeinschaft, die sich ihre eigenen Regeln definiert. Ob nun vietnamesische Kräutersammlerinnen, Open-Source-Programmierer oder die Zapatisten in Mexiko.
– Ok, und was gibt es gegen die einzuwenden.
– Nun der Untertitel: „Teilen und gewinnen: Kann man die Rettung der Welt wirklich alss Privatsache betrachten?“ könnte uns die Lektüre des Artikels schon fast ersparen.
– Ahja, einen roten Faden muss man für einen Artikel schon haben – eine vorherrschende rhetorische Figur. Aber selbst wenn du das kapiert hast; du kannst doch immer noch keine Artikel schreiben.
– Nein, kann ich nicht. Aber die Frage ist natürlich rhetorisch und liefert auch schon den Hauptargumentationsstrang: Weil diese Dinge im Kleinen nichts an den Strukturen änderten, bedeute die Commons-Bewegung auch „de[n] verständliche[n] und frustrierte[n] Abschied vom Staat von gesellschaftlich organiserter Politik“.
– Vorsicht. Du solltest hier aber auch nicht mit dem Totschlagargument kontern: Dass dieses Argument, ja auch nur das Ende allen Engagements heraufbeschwöre. Auch wenn man nicht direkt auf den vollen Systemumwurf ziele, sei das doch besser als gar nichs zu tun. Vielleicht müsse man eben kleinere Brötchen backen und das Bewusstsein lokal, an kleinen bunten Fleckchen ändern.
– Nun ja. Das hätte ich wohl doch anbringen können, oder nicht?
– Entwickele das Argument doch aber weiter. Auch wenn das nur angedeutet ist. Das ist doch vielleicht ein Motiv, das implizit zur Verurtelung der Grünen am Werke ist oder verwendet werden könnte.
– Du meinst, weil sie das System gerade kleiner, realistischer, evolutionär verändern wollten von innen her, sind sie gescheitert, auch nur assimiliert. – Nun ist Bio Mainstream.
– Genau.
– Gut. Aber mir geht diese feuilletonistische Schein-Radikalität auf den Senkel.
– Du meinst, weil es bequem ist Entwürfe oder Vorschläge zu verwerfen, weil sie nicht weit genug gingen, aber gleichzeitig, keinen Vorschlag machen zu müssen.
– Genau. Der Journalist wirft diesen Leuten, dann sogar noch vor, dass sie Selbstausbeutung betrieben, weil sie das alles freiwillig, ehrenamtlich betrieben.
– Immerhin wird er für seinen Artikel bezahlt, der auch völlig folgenlos bleiben wird (außer das sich ein namenloser Blogger wieder aufregt).
– Da ist mir ja fast schon dieses Machwerk von Slavoj Zizek lieber, das diese Scheinradikalität auch frontal und konsequent durchzieht und nicht so verhuscht zwischen den Zeilen.
– Du meinst wenn man schon die volle Strukturveränderung fordert, sollte man auch testen, wieviel Mao und Lenin man zitieren kann?
– Wobei ich natürlich auch schon wieder selbst scheinradikal werde, wenn ich den Zizek so bezeichne – so als sei meine eigene Radikalität noch radikaler als seine.
– Na klar, man selbst ist immer der größte Oberradikalinski mit einem weiterem dialektischen Schwenker im Ärmel.
– Jetzt is‘ aber auch mal gut. Ich schwätziger Schwafler hab uns ganz vom Thema abgebracht. Wo ist denn der Blogo mit seinem Winchester-Gewehr, um mir diese Langatmigkeit auszutreiben?
Blogo putzt und ölt gerade. Und ich glaube nicht, dass er eine Winchester besitzt. Er ist eher der Typ, der eine unterarmlange, doppelläufige Schrotflinte aus seiner Manteltasche zieht, mit einer eleganten Drehung und locker aus Hüfthöhe … aber wie gesagt, er putzt und ölt gerade.
Privatsache ist die Nichtrettung der Welt. Und da längst alle ihre Erfüllung im Privaten finden, hat sich das Thema eigentlich erledigt.
Vielleicht werfe ich Bob und Blogo zu oft durcheinander (aber z.B. hier: http://blogozentriker.wordpress.com/2011/08/02/frau-tinte-und-herr-ich-ganz-privat/#more-7492 war doch die Rede davon) – und woran schraubt und ölt der Blogo denn? Einer Maschine zur logoklastischen Eroberung des Mondes?
Und da längst alle ihre Erfüllung im Privaten finden, hat sich das Thema eigentlich erledigt.
Einfach so?
Hmm.
(Ich glaube doch, dass das eine Perspektive ist, die nicht sehr weit verbreitet ist. Gegenargument: Wiee stark der eruf enen immer noch definiert, meine ich, kann man daran ablesen, dass die erste Frage, die ein Fremder, alter Bekannter stellt ist: Und .. was machst du so? – und das bezieht sich eben doch auf den Beruf – Vielleicht ist es nicht mehr so stark wie es mal mit Zünften war, aber der Beruf ist doch eine starke Gruppenzugehörigkeit, und gibt oft genug doch auch einen Typus vor. Die Physiker sind ein anderer Schlag von Typen als die Informatiker oder Philosophen, wahrscheinlich kann man schon zu Chemikern, Mathmatikern, Biologe Unterschiede ausmachen)
Ich habe nur geblödelt, entschuldige … aber die Frage ob Revolution oder Evolution besser wäre, lässt sich eigentlich recht pragmatisch entscheiden (vorausgesetzt das geht), diese Diskussion halte ich zumindest in Teilen für obsolet (oder vorgeschoben).
Ansonsten hast Du recht, in den deutschsprachigen Ländern orientiert man sich recht stark am Beruf, an Leistung generell, aber es gibt schon Tendenzen zur „Privatisierung“, etwa das Desinteresse an öffentlichen oder politischen Belangen (und ich schließe mich da gerade ausdrücklich ein).
Ach, ja das hätte ich nicht ernst nehmen sollen. – Leider sind in dem Dialog, der unbedingt gewitzt sein wollte, wohl die Hauptideen verschütt gegangen: (i) Ist es gefährlich (wenn auch wahrscheinlich richtig) diesen Rückzug des Engagements ins Private zu geißeln, weil man vielleicht das Kind mit dem Bade ausschüttet und sich gleich von allem Engagement verabschieden könnte.
(ii) Ist auch dieses Argument gefährlich, weil es dann alle Kritik an solch gutgemeinten Projekten verbietet, die aber vielleicht angebracht wäre.
(iii) Wird sowieso viel zu viel geredet.
Zu (i): Du meinst die Kritisierten würden mit noch stärkerem Rückzug reagieren, bzw. nicht es nicht wieder versuchen?
Eher, dass denen, die sowieso nix tun, ein Grund oder Argument geliefert wird weiterhin nix zu tun. (Bringt ja sowieso alles nix.)
Wenn man fragen darf … dieses Symbol nach „radikalste“, in der Widmung — das ist doch nicht ein denkbar ungalantes Signum für das schwache Geschlecht? Oder? Also, auf gut Deutsch, eine Titte?
Ja, nein. ( http://de.wikipedia.org/wiki/Astronomisches_Symbol )
[Aber dass ich auf diese Deutung nicht selbst gekommen bin – demnächst male ich mal ein Doppelsternsystem]
Zizek nervt mich ein bisschen, alleine schon wegen der unterschwelligen Verschwörungstheorie des Kapitals, aber auch der Konsequenzen wegen: Handeln, obwohl wir nicht wissen wofür und wie.
Dieser Artikel hat mich damals ziemlich aufgeregt. Aber da ich noch nicht mehr von ihm gelesen habe, will ich noch kein Urteil über ihn fällen. Aber, falls du dich auch besonders auf diesen Artikel beziehst: Ja, das fand ich auch nervtötend.
Ja, ich meinte diesen Artikel.